Drama, baby
Inklusive Übung

Was fehlt dir, wenn du wie verrückt, hektisch das Wohnzimmer aufräumst, bevor die Gäste kommen oder du keinen Teller nach dem Essen 5 Minuten stehen lassen kannst oder am liebsten alles im Vorfeld durchdenkst, um es bloß nicht auf dich zukommen zu lassen?

Hm? Wofür ist es gut, dich so reinzuknien, alles im Griff haben zu wollen? Genau, es ist eine unglaubliche Stärke, die dich zu einem gut organisierten und im oberen Fall zu einer verlässlichen Gastgeber:in macht. Und diese Stärke schützt dich zugleich davor, ungute Erfahrungen zu machen, im Sinne von – es könnte jemand über dich sagen, dass du schlecht organisiert bist, unordentlich bist und du vielleicht einen „Fehler“ erlebst. Vor diesem unguten Gefühl schützt dich dein Antrieb und deine Anstrengung. Diese Art macht dich vielleicht aber auch zu einer/einem eher unentspannten, anstrengenden oder distanzierten Gastgeber:in, wo nur schwer fröhlich, unbeschwert durcheinander gesprochen wird, lustige spontane Tanzpartys entstehen oder sich die Gäste sich frei bewegen… oder? Deine Stärke in der Übertreibung macht dich verkrampft und nicht wahrhaftig.

Hey, solche Übertreibungen haben wir ALLE. Jede:r von uns in unterschiedlichem Kontext (Kinder nicht los lassen wollen, bei der Arbeit alles doppelt checken, bloß keinen Teller kohlenhydratsaftigen Nudeln essen, etc.), wir strengen uns an, weil wir Angst davor haben, ungute Gefühle zu fühlen. Wir versuchen so zu sein, wie wir glauben, dass andere uns mögen, lieben oder wie es andere gern hätten.

 

Praktische Übung:

Wir machen ein Drama aus Situationen, die wir, würden wir einmal mit Abstand darauf blicken, viel entspannter, entschlossener und freier angehen könnten. Was hindert uns?

Schritt 1: Frage dich, wofür ist das Drama gut? Nimm dir kurz Zeit, einen Zettel und einen Stift und überleg einmal, wofür dein Verhalten, z.B. alles immer sehr schnell oder perfekt abzuarbeiten; deine Figur im Griff zu haben; das Verhalten deiner Kinder vor bestimmten Personen kontrollieren zu wollen, gut ist? Es hat ja einen Sinn, dass du dich hier so anstrengst.

Gönn dir ein paar Sekunden der Verbindung zu dir. Leg vielleicht eine Hand auf die Brust und eine auf den Bauch, atme tief in den Bauch und spüre einmal in dich hinein. Du kennst dieses Gefühl schon so lange, du weißt, es kommt und geht, wie eine Welle.

Und jetzt stell dir gern einmal vor, deine Tochter / dein Sohn würden dich bei deinem „Drama“ genau beobachten: was für eine Frau würden sie sehen? Wie würden sie diese beschreiben?

  • Möchtest du das so? Möchtest du so ein Vorbild sein? Nimm dir ganz bewusst bestimmte Situationen im Alltag heraus, wo du weißt, dass du eine Verhaltensweise übertreibst und dann stell dir nur vor, eines deiner Kinder beobachtet dich.
  • Eine meiner absoluten Lieblingsübungen, um wieder eine andere Perspektive auf mich selbst zu erhalten: stell dir vor, dein Sohn, deine Tochter sitzt tatsächlich bei einem Meeting in der Arbeit dabei, beobachtet dich, wie du hier in Situationen agierst, wenn du in deiner Übertreibung steckst… frag dich: ist es das, was du dir als Haltung und Verhalten auch so für dein Kind wünschst? Wenn nicht, dann ändere es. Genau jetzt. Und überlege einmal, was du deinem Kind gerne vorleben möchtest. Was dürftest du tun, fühlen, damit dein Kind dich vielleicht voller Stolz betrachtet?
    Viel Spaß beim üben 😉