Midlife: Erkenntnisse

Es ist total spannend, seitdem mein Mann und ich angefangen hatten über unsere „Midlife-Crises“ oder das Ausbrennen in der Rush-hour mit anderen zu sprechen, konnten wir so viele Informationen, Erkenntnisse und auch geteiltes Leid erfahren.

Ich teile hier meine zwei Lieblingserkenntnisse aus zwei besonders schönen Gesprächen:

  1. Es ist in Ordnung. Anne sprach diese so einfach Aussage, in der sich für mich ein neues, entspanntes Universum auftat. Anne, 75 Jahre alt, fährt mit ihrem uralten Bus über 800km nach Italien. Nicht alleine, denn Nelly, ihre aus Rumänien stammender Straßenhund begleitet sie. Wir haben uns morgens am Hundestrand getroffen und immer nett geplauscht. Eines Morgens sind mein Mann und ich mit Anne in ein langes, tieferes Gespräch gelangt bis zu Anne´s kleinem versteckten Cafe am Strand, mit selbstgebackenem Croissant. Das war schon mal eine schöne Information, als wir dann bei Cappuccino und vv zusammensaßen und auf´s Meer schauten, sagte ich Anne, dass ich glaube, wir stecken in der Midlife-Crises. Wir stellen viele Dinge in Frage – uns, das bisher (Un-)Erreichte, die Kindererziehung, die Freundschaften und mir drängte sich auch immer die Frage auf, wo will ich denn später begraben werden auf (das Thema Endlichkeit scheint in der mittleren Lebensphase einfach eine bewusster zu werden). Und Anne fragte uns darauf hin, wie alt wir denn seien? Wir sagten 44 und 46 Jahre. Daraufhin lächelte Anne und sagte ganz sachlich: dann ist das doch in Ordnung. Pause. Erstmal nicht mehr – doch ich spürte die Schwerkraft in diesem Augenblick so sehr, dass all der innere Druck, den ich mir gemacht habe, einfach in den Sand abrieselte. Dann ist das doch in Ordnung, in welchem Alter denn sonst, wenn nicht zwischen 35-50 Jahre? Ja stimmt, nickte ich innerlich mit und befreit wurde ich von so vielem, was mich davor an Gedanken plagte. Es einfach zuzulassen und mit diesem Gefühl der Neuausrichtung zu sein, made my vacation. Danke, Anne.

 

1.2

Midlife-Crises oder Die zweite Wahl

Eine weitere wunderbare Perspektivänderung brachte ein Gespräch beim Sommerfest. Auch hier berichtete ich gerade von dieser Zeit, dass wir gerader unsere Werte, unser Tun in Frage stellen. Ein Bekannter, der diese Phase gerade hinter sich hatte, erzählte von einem tollen Buch, welches Philosophen Julian 2. Wahl nannte. 2. Wahl heißt, dass du ab jetzt tatsächlich dir die Freiheit erleben darfst, nicht mehr aus Konditionierungen aus der Kindheit Dinge zu tun. Zum Beispiel, wollten deine Eltern, dass du Jura studierst, damit die Familientradition fortgesetzt wirst und du ein angepasstes Kind warst, keine Wahl oder deine Eltern gerne hätten, dass du ihr Hippieleben weiterlebst und nicht heiratest, du aber voller Rebellion bist und natürlich mit 23 Jahren geheiratet hast  – keine Wahl. Erst jetzt, mit bewusster Auseinandersetzung deiner Glaubenssätze, Kindheitserfahrungen und konditioniertem Denken, hast du dir die Position erarbeitet, wirklich eine Wahl zu haben: möchtest du diesen Job, dieses Auto, diese Freundschaft oder Art der Erziehung eigentlich? Kein müssen mehr, sondern wollen ist nun das befreiende Credo.

Eine für mich ganz wunderbare Betrachtung der Dinge und ein Weg vom ich stelle alles in Frage, nein, anders herum, ich schaue nun achtsam hin und treffe eine bewusste Entscheidung. Wow. Wie selbstermächtigend ist das denn??